Schneebruch, Windwurf und andere Kalamitäten
Bei der Aufarbeitung an den Waldnaturschutz denken
von Richard Parzefall

Abgebrochener Starkast eines ApfelbaumsZoombild vorhanden

Auch Schadholz bietet Lebensräume. © Parzefall, AELF

Mit Hochdruck wird vielerorts an der Aufarbeitung des Schneebruchs vom Winter gearbeitet. Um die Gefahr einer Borkenkäferkalamität so gering wie möglich zu halten, sollte diese bei Fichten, vor allem bei Einzelbrüchen, schnell erfolgen. Denn, so die Forstministerin Michaela Kaniber, „Nach dem Schneebruch ist vor dem Borkenkäfer“. Aber bei der Aufarbeitung von Kalamitätsholz kann auch dem Waldnaturschutz geholfen werden und so ein positiver Beitrag zur Zukunftsfähigkeit des Waldes geleistet werden. Richard Parzefall von der Fachstelle Waldnaturschutz Niederbayern hat dazu die wichtigsten Aspekte zusammengestellt.

Brutraum für Vögel

Aufgesplittertes, gebrochenes, stärkeres Laubholz mit bis zu vier Metern Höhe ist ideal, um Brutraum für Vögel zu schaffen. Diese Stümpfe sind schwierig zu fällen, weil Keile aufgrund der geringen Hebelwirkung nicht gut ziehen. Häufig wird dann die Bruchleiste totgeschnitten, was zu einem lebensgefährlichen, unkontrollierten Fallen der Stämme führt. Sind diese Stämme stark aufgesplittert, rutschen häufig die Holzsplitter nach und klemmen das Schwert der Motorsäge ein.

Totholz – voller Leben, aber lebensgefährlich

Langes, dünnes Totholz, wie es häufig in ungepflegten Beständen zu finden ist, ist dagegen bei der Waldarbeit lebensgefährlich. Hier behilft man sich am besten mit einer Seilwinde und zieht solche Totschlag-Fallen vorher um. Bei der Waldarbeit und besonders bei der Fällung von Kalamitätsholz gilt: Lassen Sie im Zweifel lieber den Profi ran. Es gibt so viele andere, sinnvolle Arbeiten im Wald, die einfach erledigt werden können: Die Naturverjüngung muss wieder unter den verbleibenden Ästen hervorgeholt werden. Nicht aufgearbeitete Gipfel von Fichten müssen ganz klein geschnitten werden, um nur zwei Tätigkeiten zu nennen. Auch das ist eine wichtige und vorausschauende Tätigkeit für den Zukunftswald.

Die Natur braucht Biotopbäume

Ein besonderes Augenmerk sollte bei der Aufarbeitung auch solchen Bäumen gelten, die bereits Biotopbaumqualitäten mitbringen. Specht- oder Faulhöhlen, mit viel Moos oder mit Efeu bewachsene Bäume oder ausgefaulte Stammteile sind hier ebenso zu nennen wie Buchenstümpfe mit Pilzkonsolen. Sehr häufig ist es unrentabel, solches Holz aufzuarbeiten. Der Brennwert ist gering, doch für die Natur sind diese Biotopbäume unbezahlbar!

Wurzelteller mit Platz für viele Arten

Ein weiteres Thema sind Windwurfteller, also Wurzelteller, die durch den umstürzenden Baum aus der Erde gerissen wurden. Auch hier ist Vorsicht geboten. Diese können vor- oder zurückklappen, wenn man den Stamm abtrennt. Oft ist es auch ratsam, die Wurzelteller mit einer Seilwinde zu sichern, um sicheres Arbeiten zu ermöglichen. Bei vorhängenden Wurzeltellern muss man ein Sicherungsstück belassen und den Stamm nicht unmittelbar an den Wurzelanläufen abtrennen.
Diese aufgeklappten Wurzelteller haben, sofern sie sicher liegen, wiederum auch ihre Bedeutung für den Naturschutz im Wald. Häufig bilden sich unter ihnen kleine Weiher, die als Kleinstgewässer für viele Arten einen hohen Stellenwert haben. Hier ist vor allem die Gelbbauchunke, ein kleiner Frosch mit gelber Unterseite, zu nennen, der auf solche Strukturen angewiesen ist.
Aufgeklappte Wurzelteller bilden wertvolle Sonderstandorte. Die überhängenden Bereiche halten den Regen oft für lange Zeit ab und sind somit extrem trocken. Lehm und Sand liegen offen und sind häufig auch besonnt. Erdwespen, Sandlaufkäfer & Co. sind dankbare Bewohner solcher Stellen. Vögel nutzen diese für ein Staubbad. Der Appell von Richard Parzefall: „Wo die Sicherheit nicht gefährdet ist, Wurzelteller nicht zurückklappen!“

Stümpfe stehen lassen

Aber nicht nur im Wald haben die „Forstmeister Schnee und Sturm“ die Bäume mit unsicherem Stand und kranken Stämmen ausgemustert. Auch Obstbäume mit ausgefaulten Asthöhlen wurden in Mitleidenschaft gezogen.
Auch hier kann man häufig die Stümpfe stehen lassen und muss nicht jeden abgebrochenen Ast zu Brennholz verarbeiten. Star, Steinkauz und der sehr seltene Wiedehopf sind dankbare Mieter für die entstandenen Höhlen.
„Bitte denken Sie daran: Weniger ist oft mehr. Wir sind es, die mit unserem Handeln die Natur ärmer oder reicher machen“, appelliert der Experte von der Fachstelle Waldnaturschutz Niederbayern.

Ansprechpartner Fachstelle Waldnaturschutz Niederbayern

Richard Parzefall
AELF Landau a.d.Isar-Pfarrkirchen
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Telefon: 09951 693-5451
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