Pflanzenbau
Verfahrensablauf zur Grünlandsanierung bei Gemeiner Rispe

Stark verungraster Bestand

Bei extremer Verungrasung besonders durch die Gemeine Rispe hilft in den meisten Fällen nur noch der Umbruch der betroffenen Wiese.

Eine sehr sichere, in der Vergangenheit bewährte und bodenschonende Methode ist die chemische Bekämpfung mit Totalherbiziden. Dies ist allerdings letztmalig nur noch 2021 möglich.
Für die Zukunft bleibt auf erosionsgefährdeten Lagen bzw. ohne tiefe Bodenbearbeitung nur noch der mehrmalige Einsatz von Zinkenstriegeln mit dem Schwaden und Abfahren des herausgerissenen Materials im Sommer übrig.

Wenn die Grasnarbe zusätzlich mechanisch durch Fahr-, Tritt- oder Wühlschäden beschädigt ist, kann dies, sofern eine ausreichend tiefe Krume vorhanden ist und keine Erosionsgefährdung vorliegt, mechanisch mit dem Pflug oder einer Umkehrfräse erfolgen (Grünlandumbruchantrag beim AELF stellen!).
Für eine optimale Entwicklung des neuen Aufwuchses kommt es auf die richtige Ansaatmischung, die praktische Neuansaat, sowie auf die Pflege und Düngung an. Auch der optimale Zeitpunkt für den ersten Schnitt ist ausschlaggebend.

Auswahl der optimalen Ansaatmischung

Je nach Situation ist die Wahl der optimalen Mischung vorzunehmen. Entscheidend ist hier vor allem die Nutzungsintensität. Da überwiegend Intensivwiesen repariert werden müssen, kommen dafür auch nur Mischungen mit vielschnittverträglichen Arten in Frage: Deutsches Weidelgras, Wiesenrispe, Lieschgras, Knaulgras (in Weidelgras unsicheren Lagen, spätreife Typen bevorzugen) und Weißklee. Mischungen, die höhere Mengen an Wiesenschwingel enthalten, sind für eine intensive Nutzung (mehr als 3 bis 4 Schnitte) nicht geeignet, da dieses sonst so wertvolle Gras eine höhere Nutzungsintensität nicht verträgt.
Saatgut sollte nach der Qualität und nicht nach dem Preis ausgewählt werden. Die Bayerischen Qualitätssaatgutmischungen sind für die bayerischen Verhältnisse bestens geeignet, da hierfür nur ausgewählte Sorten verwendet werden dürfen. Bei anderen Mischungen sollten Sie die verwendeten Sorten mit den Sortenempfehlungen vergleichen. Bei schwierigen Standorten oder wenn die Ausdauer eine Rolle spielt, sollten Mischungen mit der Zusatzbezeichnung "D" (D für Ausdauer) ausgewählt werden.

Sortenempfehlung Gräser, Klee und Luzerne - LfL Externer Link

Mischungsempfehlungen:

  • Bayerische Qualitätssaatgutmischung W-N "D" – 20 kg/ha: Zur Nachsaat
  • In Lagen mit Trockenheits- und/oder Auswinterungsgefahr ist ein Zusatz von 2,0 kg/ha eines späten Knaulgrases (z.B. Lupre) + 6 kg/ha Wiesenlieschgras (z.B. Classic, Phlewiola) sinnvoll.
  • Bei einer Neuansaat im Herbst werden zusätzlich 15 kg/ha Wiesenrispe (z.B. Lato/Liblue in Mischung) in einem Sävorgang mit den anderen Mischungspartnern ausgesät – insgesamt also ca. 43 kg/ha

Handlungsempfehlungen

  • Anfang bis Mitte August:
    • Der letzte Schnitt vor der Sanierung ist so zu mähen, dass der Bestand Mitte bis Ende August ca. 10 cm hoch aufwächst.
  • Mitte bis Ende August – Einsatz der Totalherbizid-Mischung:
    • Bevorzugt 4 l/ha (Liter pro Hektar) Glyphosat-Präparat + 1,5 l/ha Ranger als Tankmischung mit max. 300 l/ha Wasser ausgebracht (4 Stunden kein Regen).
    • Großzügiges Überlappen beim Anschlussfahren, damit keine unbehandelten Streifen bleiben.
    • Bei unwesentlichem Weißklee-, Hahnenfuß- bzw. Löwenzahnbesatz ist keine Zumischung von Ranger notwendig.
  • Anfang – Ende September: Grünlandneuansaat
    • 1. Arbeitsgang: Kreiselegge + Sämaschine kombiniert – Ansaat der halben Saatgutmischung (ca. 21 kg/ha)
    • 2. Arbeitsgang: Mit Sämaschine solo möglichst mit "offenen Pfeifen" - Ansaat der restlichen Mischung (ca. 21 kg/ha), wenn möglich quer oder zumindest diagonal zur vorhergehenden Saatrichtung. Das Saatgut wird über die Striegel der Sämaschine eingearbeitet.
    • 3. Arbeitsgang: Sofortiges Walzen mit „Rauhwalze“ (z.B. Cambridge- bzw. Sternwalze) am besten quer zum Hang (Erosionsgefahr)!

Pflege- und Düngungsmaßnahmen im Ansaatjahr

  • Ende September ca. 30-40 kg N/ha (z. B. 1-1,5 dt/ha KAS 27 %) in den Auflauf hinein bei gut befahrbarem Boden.
  • Keine Gülledüngung wegen möglicher Ätzschäden oder Fahrspuren auch zu den beiden ersten Aufwüchsen im Folgejahr.
  • Bei hohem Unkrautdruck nach dem Auflaufen (bei trockenen Bodenverhältnissen) gegebenenfalls Schröpfschnitt ins Auge fassen (Reduzierung des vorhandenen Unkrautbesatzes und Anregung der Bestockung der Neuansaat). Unter günstigen Umständen kann im Oktober noch ein Aufwuchs geerntet werden, damit der Bestand nicht zu üppig in den Winter kommt

Pflege- und Düngungsmaßnahmen in den Folgejahren

Düngung – Entzug (z.B. 5/6-Schnittnutzung)
Leistungsstarke Neuansaaten brauchen etwas höhere N (Stickstoff)-Gaben als entartete Altbestände und lohnen diese auch. Güllegaben nach dem letzten Schnitt im Herbst erhöhen die Vitalität der Wiesen und damit ihre Winterhärte! Eine intensiv genutzte Wiese (5/6 Schnitte) entzieht laut Gelbem Heft 310 kg N, 110 kg P2O5 und 330 kg K2O pro Hektar und Jahr.
Bei einem durchschnittlichen Weißkleebesatz und 50 Kubikmeter Rindergülle (7,5 % Trockensubstanz) pro Hektar und Jahr verbleiben deshalb noch 150 kg N, 40 kg P2O5 und 80 kg K2O pro Hektar und Jahr als mineralische Ergänzungsdüngung, um die Leistungsfähigkeit langfristig zu erhalten. (Düngebedarfsermittlung als Obergrenze; Vorgaben in den roten Gebieten beachten!). Zur Verbesserung der N-Wirkung sollte die Gülle im Sommerhalbjahr auf möglichst unter 6 % TS verdünnt oder nur Dünnseparat ausgebracht werden. Damit können auch die problematischen "Güllewürste" vermieden werden
Pflegemaßnahmen
Damit sich die Gemeine Rispe nicht wieder so schnell etablieren kann (Saatgut und Wurzeln sind auch nach einer erfolgreichen Sanierung immer in ausreichender Menge vorhanden), empfiehlt es sich, die Wiesen regelmäßig, v.a. im Sommer, zu striegeln und Maulwurfhaufen zu verteilen. Hier ist eine gleichzeitige Übersaat sinnvoll. Der Grünlandschnitt sollte zudem mindestens 7 bis 8 cm hoch erfolgen und die Werbegeräte entsprechend hoch eingestellt werden. Weniger Futterverschmutzung ("Güllewurst"), besseres Weiterwachsen und bessere Futterqualitäten sind der Lohn dafür)
Jährliche Übersaat
Schließlich muss auch bei erfolgreicher Etablierung eines Neubestandes alle Jahre eine gewisse Saatgutmenge der W-N "D"-Bayerische Qualitätssaatgutmischung (ca. 10-12 kg/ha) als "Samenpotenzial" zur Regenerierung und nachhaltigen Stabilisierung (Narbendichte) einer leistungsstarken Wiese ausgebracht werden. Dies kann in 2 Teilmengen, im Frühjahr beim Abschleppen und im Spätsommer (um "Karpfham") erfolgen.
Nachsaat
Wenn jedoch größere Lücken wegen Auswinterung, starken Trockenschäden usw. entstanden sind, muss rechtzeitig eine Nachsaat mit der vollen Aussaatmenge einer Nachsaatmischung (24 kg/ha W-N"D") erfolgen, um die entstandenen Lücken wieder schnell zu schließen und die Einwanderung der Gemeinen Rispe möglichst gut zu verhindern.

Begleitmaßnahmen

Je nach vorliegender Futtergrundlage ist zu beachten, dass vor allem bei intensiveren Verbesserungsmaßnahmen wegen des hohen Risikos nicht alle Wiesen gleichzeitig neu angesät werden sollten. Gleichzeitig muss die Produktion von zusätzlichem Grundfutter mit Kleegras (statt Getreideanbau) sichergestellt sein.
Da Grünland eine hochleistungsfähige Dauerkultur ist, deren Pflanzen normalerweise nicht zum Aussamen kommen sollten, muss künftig eine regelmäßige Nachsaat durchgeführt werden, um stabile und leistungsfähige Bestände erhalten zu können.
Ein leistungsfähiges Grünland trägt wesentlich zur Wirtschaftlichkeit der Milchviehhaltung bei und sollte deshalb mehr als bisher gehegt und gepflegt werden.

Führung und Verbesserung von Grünlandbeständen - Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der LfL Externer Link